In dieser Woche hatte ich endlich Gelegenheit, eine Unterrichtsidee umzusetzen, die ich vor langer Zeit einmal für den Literaturunterricht im Netz gefunden habe: Eine Tatortanalyse, um dem Unterrichtsgegenstand auf die Spur zu kommen.
Im Geschichtsunterricht der 5. Klasse hat die Einheit „Menschen früher” begonnen, und ich habe mir meinen eigenen „Ötzi” geschaffen, um das Leben der Menschen in der Steinzeit zu betrachten.
Dazu wurde der Differenzierungsraum zum Tatort eines Mordes von vor 3000 Jahren.
Die Spurensicherung war bereits vor Ort und hat den Fundort mit Hinweis-Schildern versehen (und glücklicherweise die Leiche mitgenommen).
Diese QR-Codes mit kurzen Texten oder Links zu weiterführenden Internetseiten oder Bildern sind mit Hilfe der Seite goqr.me schnell erstellt. Ich habe sie dann einfach in 5x5cm Größe ausgedruckt und innen auf die Spurensicherungs-Schilder geklebt.
Absperrband und kleine Aufsteller gibt es im Internet zu kaufen, einfach beim Online-Händler des Vertrauens „Crime Scene” eingeben.
Die Schülerinnen und Schüler haben dann ein Arbeitsblatt bekommen, auf dem die Situation und das Ziel der Tatortuntersuchung erklärt wurde.
Das zweite Blatt war dann ein Bogen zur Tatortanalyse, auf dem die Schülerinnen und Schüler alle Hinweise sammeln sollten, um dann auf deren Grundlage begründete Vermutungen über das Leben und die Epoche der Leiche anzustellen. Dazu standen das Schulbuch, aber auch ausgewählte Internetseiten zur Verfügung.
Aufgrund der Waffen- und Kleidungsreste sowie des Alters der Leiche von rund 3000 Jahren konnte schnell bestimmt werden, dass sie aus der Jungsteinzeit stammen musste, nach Beginn der Metallzeit (aufgrund eines Kupferbeils, wie es auch Ötzi hatte).
Das gut erhaltene Werkzeug, eine Sichel mit Feuersteinklinge, verriet etwas über den Beruf der Leiche, die vermutlich Bauer gewesen ist, der Mageninhalt (Getreidekörner und gebratenes Fleisch) etwas über die Lebensumstände.
Auch die Überreste der Kleidung, die Pfeilspitze, die als Todesursache identifiziert wurde, und die Zähne des Opfers machten es möglich, mehr über sein Leben herauszufinden.
Die Schülerinnen und Schüler waren mit Feuereifer bei der Sache, wobei im Chaos ermittelnder Fünftklässler der Tatort nur mit Mühe gesichert werden konnte. Hinweisschilder trotz größter Eile wieder richtig hinzustellen, will noch gelernt sein.
Als Haken haben sich die QR-Codes mit reinen Texten herausgestellt: Bei fast allen Schülern, die QR-Codes mit der Kamera ihres Handys scannen, fehlte eine App zum Lesen des Textes. Hier musste zuerst ein QR-Code-Scanner installiert werden. (Ein Argument gegen BYOD.)
Hier arbeite ich zukünftig lieber mit Links zu eigenen Texten auf meinem Unterrichts-Blog, um die Schülerinnen und Schüler gezielter lenken zu können. So kam es nämlich hin und wieder vor, dass einzelne über die gescannte Spur „Getreidekörner” zu Hundefeutter-Seiten im Internet gelangten.
Und fertig geworden sind wir in einer Doppelstunde auch nicht, weshalb die Fachkolleginnen und ‑kollegen nun eine Woche mit einem Tatort nebendran leben müssen. 🙂
Aber der forschende Umgang mit „echten” Spuren und das Zusammensetzen verschiedener Mosaiksteinchen, um so das ganze Bild eines Lebens vor rund 3000 Jahren zu erhalten, überzeugt mich. Da ich keinen Museumsraub begehen wollte, waren dies die bestmöglichen Quellen für eine solche Stunde, und die Schülerinnen und Schüler haben die Zeit und die Lebensumstände unserer Leiche tatsächlich ermitteln können.