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Leh­ren und Ler­nen mit dem iPad

Nach­dem Herr Rau zu Good­no­tes und digi­ta­len Heft­ein­trä­gen und Herr Mess zum 1×1 des 1:1 geschrie­ben haben, habe ich end­lich mal wie­der ein The­ma gefun­den, bei dem es weni­ger intro­spek­tiv zugeht als zuletzt hier im Blog.

An mei­ner Schu­le arbei­ten wir seit inzwi­schen andert­halb Jah­ren ab Klas­se 7 mit einer 1:1‑Ausstattung mit Schü­ler- und Leh­rer-iPads. (Ins­be­son­de­re letz­te­res ist ein wesent­li­cher Fak­tor und gleich­zei­tig die größ­te Her­aus­for­de­rung am Horizont.)

Die iPads sind eltern­fi­nan­ziert1 und damit im Pri­vat­be­sitz der Schü­ler, aller­dings ist jedes Gerät in das MDM (bei uns Jamf) ein­ge­bun­den und zumin­dest in der Theo­rie vor­mit­tags nicht pri­vat nutz­bar. Bedeu­tet kon­kret: Mit Betre­ten der Schu­le wird das pri­va­te Pro­fil abge­schal­tet und nur schu­li­sche Apps sind noch zu sehen und zu öff­nen. Theo­re­tisch bleibt das Gan­ze des­halb, weil es nur ein wenig Wis­sen um VPN bedarf, um die­se Sper­re zu umge­hen. Natür­lich gibt es jetzt auch Apps, mit denen man manu­ell alles mög­li­che sper­ren oder frei­ge­ben kann, aber weder mag ich mich in mei­nem Unter­richt auf die­sen Wett­be­werb ein­las­sen, noch hal­te ich sol­che Vor­ge­hens­wei­se für hilf­reich auf dem Weg zu einer Medienkompetenz.

Wir haben uns dar­auf geei­nigt, dass alle Schul­bü­cher digi­tal auf den iPads vor­han­den sind und die Schü­ler ihre Map­pen voll­stän­dig in Good­no­tes füh­ren.

Die Fra­ge der Schul­bü­cher wird durch­aus kon­tro­vers gese­hen und in die­sem Schul­jahr geson­dert eva­lu­iert.
Die Grö­ße der Bild­schir­me und die Text­erfas­sungs-Kom­pe­tenz unse­rer Schü­ler las­sen ein Arbei­ten mit geteil­tem Bild­schirm (rechts Schul­buch, links Good­no­tes) nicht wirk­lich zu, hier heißt es also ent­we­der – oder.
Ich bin bis­her mit der Lösung gut gefah­ren, dass bei der Arbeit mit dem Schul­buch eben wie bis­her auch auf den Block geschrie­ben wird, aber ich arbei­te auch eher sel­ten mit dem Buch. Es ist dann übri­gens ein Leich­tes, die beschrie­be­nen Blät­ter in Good­no­tes ein­zu­scan­nen, damit es zu kei­ner dop­pel­ten Map­pen­füh­rung kommt.
Ohne­hin hal­te ich das Schrei­ben mit der Hand und auf Papier für kei­nes­wegs über­flüs­sig, auch wenn es sicher weni­ger gewor­den ist. (Ich bin übri­gens ein gro­ßer Freund davon, die Schü­ler her­aus­fin­den zu las­sen, was denn für sie die bes­te Vor­ge­hens­wei­se ist, und ihnen die­se dann zu überlassen.)

Was ich an digi­ta­len Schul­bü­chern lie­be, ist die Mög­lich­keit, dar­in zu mar­kie­ren und zu notie­ren. Damit bleibt das ewi­ge Man­tra ech­ter Text­ar­beit mit Blei­stift und Text­mar­ker kei­ne blo­ße Wort­hül­se mehr wie bis­her mit den Print­aus­ga­ben der Bücher.
Alle ande­ren ver­meint­li­chen Fea­tures der digi­ta­len Bücher kann man übri­gens getrost ver­ges­sen, da ist noch viel Luft nach oben; und von der Ver­ga­be der Lizen­zen an die Schü­ler fan­ge ich lie­ber gar nicht an!
Was ich noch beob­ach­tet habe: Seit Ein­füh­rung der iPads kann ich an einer Hand abzäh­len, wie oft die­se ver­ges­sen wur­den. Tat­säch­lich feh­len seit­her fast nie mehr die Mate­ria­li­en. Wenn das iPad aber doch zuhau­se liegt, oder der Akku vor der letz­ten Stun­de den Geist auf­gibt, ist dafür gleich alles Mate­ri­al uner­reich­bar geworden.

Die Map­pen­füh­rung mit Good­no­tes möch­te ich aber auf kei­nen Fall mehr mis­sen.
Die Map­pen zumin­dest mei­ner Klas­sen ver­teil­ten sich frü­her zu einem klei­nen Teil auf den dafür ange­schaff­ten Hef­ter und zum größ­ten Teil auf Block, Schul­ta­sche oder die unbe­kann­ten Wei­ten des Weltalls.

Heu­te kann ich sogar das Grund­ge­rüst einer Map­pe vor­ab anle­gen und zum Bei­spiel schon mit Text­quel­len fül­len, bevor ich die Datei den Schü­lern zu Ver­fü­gung stel­le.
Und das geht mit Air­drop fixer als der schnells­te Austeildienst.

Aber auch die Mög­lich­kei­ten der ver­schie­de­nen Text­werk­zeu­ge und Far­ben las­sen ein ganz ande­res Arbei­ten zu, und wenn ein­mal eine Sei­te nach Krank­heit fehlt, kann man sie sich in Null­kom­ma­nichts vom Sitz­nach­barn besorgen.

Eben­so ein­fach ist auch das Ver­tei­len und Bear­bei­ten von Arbeits­blät­tern gewor­den, und hier beginnt dann der kri­ti­sche Teil: Eigent­lich könn­te das klas­si­sche Arbeits­blatt im Unter­richt mit iPads näm­lich über­flüs­sig wer­den, müss­te es mei­ner Mei­nung nach sogar.
Es gibt ohne­hin nur weni­ge gute Arbeits­blät­ter, aber mit einem iPad lie­ße sich dann auch gleich ganz anders arbei­ten, um mit den Unter­richts­in­hal­ten übend umzugehen.

Hier hängt unse­re Unter­richts­ent­wick­lung nach mei­nem Emp­fin­den noch zurück. Zu oft ist der glei­che Unter­richt nur digi­tal gewor­den, aber als rei­ner Buch- und Heft-Ersatz ist das iPad dann doch zu teu­er, den­ke ich.
Und das bekann­te Zitat „Wenn Sie einen Scheiß­pro­zess digi­ta­li­sie­ren, dann haben Sie einen scheiß digi­ta­len Pro­zess” von Thors­ten Dirks lässt sich lei­der auch her­vor­ra­gend auf Unter­richt über­tra­gen, natür­lich ohne die dras­ti­sche Wortwahl.

Der nächs­te Schritt muss also sein, Unter­richt noch wei­ter zu ver­än­dern und vor allem zu öff­nen, um die Viel­sei­tig­keit und Viel-Mög­lich­keit der Gerä­te aus­zu­schöp­fen und neue, indi­vi­du­el­le­re Lern­pro­zes­se zu ermöglichen.

Ein Gelin­gens­fak­tor für die bis­he­ri­ge und zukünf­ti­ge Arbeit mit einer 1:1‑Ausstattung ist für mich die Tat­sa­che, dass wir dank Digi­tal­pakt und groß­zü­gi­gem Schul­trä­ger auch alle Lehr­kräf­te mit einem iPad und alle Räu­me mit der pas­sen­den Hard­ware aus­stat­ten konnten.

Zuerst ein­mal haben alle Lehr­kräf­te auf ihrem iPad eben­falls alle Bücher (in der Lehr­erfas­sung) und Good­no­tes parat, dazu gibt es an unse­rer Schu­le kei­ne ein­zi­ge Krei­de­ta­fel mehr, son­dern in allen Räu­men – Fach- und Grup­pen­räu­me ein­ge­schlos­sen – ein White­board mit Bea­mer und Apple-TV, um jedes iPad (auch die der Schü­ler) pro­blem­los spie­geln zu können.

Man­che Kol­le­gen berei­ten sämt­li­che Tafel­bil­der und Unter­richts-Abläu­fe in Good­no­tes vor und füh­ren eine par­al­le­le Map­pe zu den Schü­lern, ande­re nut­zen ande­re Prä­sen­ta­ti­ons-For­men, und wenn doch ein­mal etwas ans Board gemalt wer­den muss, gibt es Stif­te dafür. (Oder Goodnotes 😉 )

Natür­lich war die Umstel­lung auf das Dienst-iPad damit erzwun­gen, ein Arbei­ten ohne ist an unse­rer Schu­le kaum mehr mög­lich, wenn man nicht gera­de Sport, Kunst, Wer­ken oder Tex­ti­les Gestal­ten unter­rich­tet, aber gleich­zei­tig haben wir damit erreicht, dass Schü­ler und Leh­rer die glei­chen Apps beherr­schen und die glei­chen Gerä­te bedie­nen kön­nen, was frü­her nicht ein­mal im guten alten Com­pu­ter­raum gege­ben war.

Die Leh­rer-iPads sind es aber auch, die mir die größ­ten Sor­gen berei­ten: Inzwi­schen zeigt sich hier und da der ers­te Ver­schleiß, irgend­wann wird das ers­te iPad sei­nen Geist ganz auf­ge­ben. Und weder kom­mu­nal noch lan­des­weit ist erkenn­bar, dass Ersatz finan­ziert wür­de.
Viel­leicht sehen wir uns also irgend­wann voll aus­ge­stat­te­ten Schü­lern gegen­über und haben mit viel Glück in jeder Klas­se ein klei­nes iPad auf dem Leh­rer­tisch ste­hen. Mög­li­cher­wei­se steht da aber auch nur ein güns­ti­ger Lap­top, und dann war’s das mit Goodnotes.

Aber das Jahr ist noch jung und ban­ge­ma­chen gilt nicht.


  1. So, wie die Eltern nicht die Schu­le wech­seln kön­nen, weil hier mit iPads gear­bei­tet wird, so kön­nen wir sie nicht zur Anschaf­fung ver­pflich­ten. Wol­len die Eltern kein iPad kau­fen, bekom­men die Kin­der dann eben das Mate­ri­al in aus­ge­druck­ter Form. Die­je­ni­gen, die kein iPad finan­zie­ren kön­nen, erhal­ten nach ent­spre­chen­dem Nach­weis ein Leih­ge­rät. ↩︎

5 Comments on “Leh­ren und Ler­nen mit dem iPad

  1. Dan­ke für den sehr pra­xis­na­hen Bericht! Da sind vie­le erhel­len­de Sachen drin. Zwei Frä­gel­chen hät­te ich:
    Wenn sich das MDM aus­trick­sen lässt, macht es dann im Bezug auf die Instal­la­ti­ons­ar­beit Sinn, die iPads damit zu war­ten? Oder soll­te man nicht eher die Eltern ver­pflich­ten dafür zu sor­gen, dass gewis­se Apps da drauf kom­men und gewis­se nicht.
    Wie geht ihr denn mit dem Pro­blem der Ablenk­bar­keit der SuS mit Tablets im Unter­richt um? Da hat­ten wir in den letz­ten Jah­ren schon ganz schö­ne Probleme.

    1. Hier dann zwei Antwortlein:
      Ja, trotz der Mög­lich­keit, die Fil­te­rung aus­zu­he­beln, erscheint mir ein MDM unum­gäng­lich, wenn man die Gerä­te ein­heit­lich hal­ten möch­te. Dar­über wer­den halt auch die Updates und über­haupt das Aus­spie­len von Apps/Tools an den gesam­ten Gerä­te­park oder ein­zel­ne Grup­pen gesteuert.
      Das Pro­blem der Ablen­kung war, ist und bleibt eines – lei­der. Ein Bild­schirm besitzt anschei­nend hyp­no­ti­sche Kräfte.
      Ich bin in mei­nem Unter­richt aber ziem­lich rigo­ros, sodass die iPads in Pha­sen, in denen sie nicht benö­tigt wer­den, zuge­klappt auf dem Tisch lie­gen müs­sen. Ist nicht immer prak­ti­ka­bel, aber frü­her haben sie auch Käse­käst­chen auf dem Block gespielt, ein wenig Ablen­kung hin und wie­der muss wohl sein. (Gehe mir jetzt einen Espres­so machen und die Spül­ma­schi­ne aus­räu­men, bevor ich wei­ter korrigiere.)

  2. Wir haben auch die iPads ein­ge­bun­den über Jamf Pro­fil. In der Class­room-App wird aber dann sicht­bar, wer mit VPN unter­wegs ist – oder eben nicht sicht­bar?! Oder nicht, doch?

    Und ja: Ablen­kung, wenn es einem selbst nicht immer so gin­ge. Ich arbei­te auch kon­zen­trier­ter, wenn ich das Smart­phone hin­ter mich auf das Side­board lege und es also NICHT sehe…am kon­zen­trier­tes­ten Aller­dings auf Papier mit Stift…never ending.

    1. Ich glau­be, wir haben nicht die High-End-Ver­si­on von Jamf bekom­men, ver­mut­lich klappt des­halb die IP-basier­te Fil­te­rung auch eher beschei­den und in Class­room ist nicht zu sehen, war­um jemand nicht zu sehen ist. 🙂
      Aller­dings sind hier dann Schü­ler, die ein VPN nut­zen, als „off­line” dargestellt.

  3. Dan­ke für den Ein­blick. Das macht mir Hoff­nung! ja, es hilft sehr, wenn iPads, Schul­bü­cher, Good­no­tes ein­heit­lich sind. Das geht auf Kos­ten digi­ta­ler Mün­dig­keit, ist es aber viel­leicht – wahr­schein­lich sogar – wert. 

    >Eigent­lich könn­te das klas­si­sche Arbeits­blatt im Unter­richt mit iPads näm­lich über­flüs­sig wer­den, müss­te es mei­ner Mei­nung nach sogar.

    Genau das!

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