at work - dear diary

Chall­enge acceptet

Was für eine Woche!
Seit der Wie­der­be­le­bung die­ses Blogs sin­nie­re ich über eine mög­li­che kom­mis­sa­ri­sche Schul­lei­ter-Tätig­keit, obwohl dies noch voll­kom­men unge­wiss und unklar ist.
Das Schick­sal hat die­se Hybris anschei­nend mit einem Lächeln beob­ach­tet und sich gedacht: „Wol­len doch mal sehen!“ und mir eine beson­de­re Vor­weih­nachts­wo­che beschert.

Sonn­tag
Am Abend mel­de­te sich der Kon­rek­tor krank, und dach­te noch, dass die Über­nah­me des Ver­tre­tungs­plans wohl läs­tig wer­den wird, aber ich ja im Ernst­fall die unan­ge­neh­men Ent­schei­dun­gen nicht selbst tref­fen muss.

Mon­tag (32% des Kol­le­gi­ums krank oder nicht frei ver­füg­bar.)
Die­se Hoff­nung über­dau­er­te kei­ne zwölf Stun­den: Die ers­te Krank­mel­dung des Mor­gens kam von mei­nem Schul­lei­ter, der sich eben­falls für den Rest der Woche aufs Kran­ken­la­ger zurück­zie­hen muss­te.
Nun wäre ja eigent­lich die oder der Dienst­äl­tes­te an der Rei­he, aber ohne Schlüs­sel, Kenn­wör­ter und Kennt­nis der Abläu­fe ist das ja kaum rea­lis­tisch, mal abge­se­hen davon, dass die bei­den ers­ten Namen auf der Lis­te bereits als abwe­send im Ver­tre­tungs­plan stan­den.
Also eine Woche Schul­lei­tung und Kon­rek­tor ganz für mich alleine.

Diens­tag (34% des Kol­le­gi­ums krank oder nicht frei ver­füg­bar.)
Bei einer zuneh­mend über­schau­ba­ren Anzahl an Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen und täg­lich neu­en Coro­na-Mel­dun­gen auch aus der Schü­ler­schaft dau­er­te es genau einen Tag bis zur ers­ten unan­ge­neh­men Ent­schei­dung: Am Diens­tag habe ich schwe­ren Her­zens eine wirk­lich tol­le Schul­ver­an­stal­tung am Don­ners­tag­abend absa­gen müs­sen.
Unan­ge­neh­me Ent­schei­dun­gen bedeu­ten oft gleich­zei­tig rich­ti­ge und fal­sche Ent­schei­dun­gen. Wäh­rend es mir einer­seits unver­ant­wort­lich erschien, beim gegen­wär­ti­gen Infek­ti­ons­ge­sche­hen eine Men­ge Men­schen in der Aula zu ver­sam­meln, wäh­rend nicht ein­mal das Ver­an­stal­tungs­team mehr kom­plett war, muss­te ich gleich­zei­tig all die Schü­ler und Kol­le­gen ent­täu­schen, die seit Wochen für die­sen Abend geprobt hatten.

Mitt­woch (26% des Kol­le­gi­ums krank oder nicht frei ver­füg­bar.)
Wenn es ein­mal läuft, dann läuft es. Ein gan­zes Jahr war es nicht nötig gewe­sen, aber in die­ser letz­ten Woche muss­te ich erst­mals einen gan­zen Jahr­gang zuhau­se las­sen, nach­dem ich an dem Wochen­tag mit den meis­ten Wahl­pflicht­kur­sen, Pro­fi­len und der Schü­ler­fir­ma kei­ne Chan­ce mehr sah, alle Kur­se zu ver­tre­ten oder auch nur halb­wegs sinn­voll zusam­men­zu­le­gen.
Viel­leicht hät­te jemand ande­res mit mehr Erfah­rung oder Übung noch eine Mög­lich­keit gese­hen, aber am drit­ten Tag war ich über lan­ge Grü­be­lei­en hin­aus und im Heul-nicht-erledige-es-einfach-Modus.

Don­ners­tag (20% des Kol­le­gi­ums krank oder nicht frei ver­füg­bar.)
Wir düm­pel­ten zwar mit Schlag­sei­te dahin, aber unter­ge­gan­gen waren wir bis­her immer­hin nicht.
Alle noch anwe­sen­den Kol­le­gen gaben ihr Bes­tes und trotz der nahen­den Feri­en gab es auch in der Schü­ler­schaft kei­ne wirk­li­chen Ärger­nis­se.
Und da es an die­sem Tag auch kei­ne Ganz­tags-Ange­bo­te mehr gab, konn­te ich mich tat­säch­lich um zwölf nach Hau­se ver­ab­schie­den, weil das bes­te aller Sekre­ta­ria­te bereit war, die letz­te Bus­ab­fahrt abzu­war­ten, falls die Auf­sicht Pro­ble­me gemel­det hät­te.
Nach­mit­tags ging es dann aller­dings über­ra­schend ins Home­of­fice, nach­dem das Lan­des­amt für Schu­le und Bil­dung feh­len­de Bei­blät­ter zu irgend­wel­chen For­mu­la­ren aus dem Som­mer bemän­gel­te, die natür­lich noch drin­gend vor Weih­nach­ten aus­ge­füllt per Mail und per Post zur Behör­de zurück­muss­ten. Die Fra­ge, ob tat­säch­lich irgend­wer die­se Papie­re vor dem neu­en Jahr noch anfas­sen wird, stellt man sich wohl bes­ser nicht.

Frei­tag (36% des Kol­le­gi­ums krank oder nicht frei ver­füg­bar)
Das Unan­ge­nehms­te in die­ser Woche war mög­li­cher­wei­se das stän­di­ge Schie­len auf die Inbox des Mail­pro­gramms, immer mit der Angst vor wei­te­ren Aus­fäl­len.
Zu Recht, wie die letz­ten bei­den Krank­mel­dun­gen um 05:00 Uhr am Frei­tag­mor­gen bewie­sen.
Einen Ver­tre­tungs­plan um Klas­sen­leh­rer­ta­ge, Weih­nachts­ak­tio­nen und noch das letz­te klei­ne Früh­stück her­um zu erstel­len, war dann der letz­te grö­ße­re Akt die­ser Woche und erneut Beleg dafür, dass wir die Arbeit des Stun­den- und Ver­tre­tungs­pla­ners meist unter­schät­zen. Ich könn­te das jeden­falls auf Dau­er wohl nicht gesund über­ste­hen.
Der aller­letz­te Akt mei­ner klei­nen Schul­lei­tungs­wo­che war dann die E‑Mail mit einem dicken Dank und Weih­nachts­grü­ßen an das Kol­le­gi­um, das ein wirk­lich unüb­li­ches Maß an Ver­tre­tun­gen und Regen­pau­sen gemein­schaft­lich groß­ar­tig bewäl­tigt hat.

Um 14:20 Uhr waren dann alle fort und das Schul­ge­bäu­de so still und fried­lich, als wäre nichts gewesen.

Und ich gebe zu, beim Schlie­ßen der Schul­tü­re habe ich mir einen Moment des per­sön­li­chen Tri­umphs gegönnt. Kei­ne Klas­se stand plötz­lich ohne Leh­rer vor dem Sekre­ta­ri­at, alle E‑Mail-Ein­gän­ge und per­sön­li­chen Anlie­gen der Kol­le­gen sind bear­bei­tet, und auf dem Tisch des Schul­lei­ters lie­gen nur zwei noch uner­le­dig­te Vorgänge.

Und jetzt will ich nur noch aufs Sofa!

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