Lehrerar­beit­szeit – eine Abrechnung

Dass Lehrer “faule Säcke” (Ger­hard Schröder) sind, die vor­mit­tags recht und nach­mit­tags frei haben, ist für Insid­er zwar ein Scherz, für andere aber ein ernst gemein­ter Vorwurf.

Dass es in zeit­gemäßen Lern-Arrange­ments nicht mehr ums Rechthaben geht, dürfte inzwis­chen bekan­nt sein, aber zwölf Wochen Ferien und freie Nach­mit­tage muss man doch immer wieder erk­lären. (Arbeit­sre­iche Son­nta­gnach­mit­tage erstaunlicher­weise seltener.)

Tat­säch­lich ist die Arbeit­szeit von Lehrern schw­er zu erfassen, auch wenn eine aktuelle Studie der GEW dies im ver­gan­genen Jahr ver­sucht hat. (Ich stelle die Ergeb­nisse auch keineswegs infrage, mich beein­druck­en bloß Stu­di­en und Umfra­gen mit solchen Teil­nehmerzahlen nicht wirklich.)

Ich wollte es für mich per­sön­lich ein­mal ganz genau wis­sen und habe im ver­gan­genen Schul­jahr “gestem­pelt”.

Wobei “gestem­pelt” in diesem Fall bedeutet, dass ich eine Zeit­er­fas­sungs-App genutzt habe, um meine Arbeit­szeit – getren­nt nach Arbeits­bere­ichen – minuten­ge­nau zu stop­pen. Dabei habe ich Krankheit­stage eben­so erfasst wie Urlaub­stage und natür­lich meine Pausen.

Rück­blick­end ist es ein wenig unan­genehm, dass ich mir vor diesem Exper­i­ment unter­stellt habe, eher zu viel als zu wenig zu arbeit­en; ich beginne in der Regel vor 7:00 Uhr im Büro und habe nach­mit­tags auch noch gut zu tun. Jeden­falls ver­lasse ich die Schule nie sel­ten mit dem let­zten Klingeln.

Tat­säch­lich aber ist eine Erken­nt­nis mein­er Zeit­er­fas­sung, dass man seine reale (Netto-)Arbeitszeit leicht falsch ein­schätzt, wenn man sie sich so weit­ge­hend flex­i­bel ein­richt­en kann, wie es der Lehrerberuf ermöglicht.

Im ver­gan­genen Schul­jahr, also vom 01.08.2016 bis zum 31.07.2017, habe ich ins­ge­samt 1.901 Stun­den gear­beit­et und liege damit nur knapp über der vorgegebe­nen Wochenstundenzahl.

Die Arbeit­szeitverord­nung für Lehrer in Nieder­sach­sen gibt eine durch­schnit­tliche Wochenar­beit­szeit von 40 Stun­den vor. Die Anzahl der Urlaub­stage beträgt 30, wobei die Ferien 63 Arbeit­stage dauern.

Es bleiben also nach Abzug der Urlaub­stage 33 Tage Ferien­zeit ohne Unter­richt übrig, die in die durch­schnit­tliche Wochenar­beit­szeit einzurech­nen sind. 40 Wochen­stun­den reichen demzu­folge nicht aus, es sei denn, man arbeit­et an den 33 übri­gen Feri­en­t­a­gen tat­säch­lich 8 Stun­den – nicht realistisch!

Weil die Rech­nung mit Arbeit­sta­gen etwas sehr kom­pliziert und für meine Zwecke nicht nötig ist, rechne ich also ein­fach meine 1.901 Stun­den auf 46 Arbeitswochen (52 Kalen­der­wochen minus 6 Wochen Urlaub) und komme auf einen Durch­schnitt von 41,3 Stunden.

Dass ich damit zwar knapp über dem Soll, aber doch unter dem liege, was ich erwartet hätte, erk­läre ich mir damit, dass irgend­wie doch eher die anstren­gen­den Wochen mit 60 oder mehr Arbeitsstun­den (Kor­rek­tur­wochen, Zeug­niskon­feren­zen…) im Gedächt­nis bleiben, wenn man über die Arbeit nach­denkt. Die hal­ben Wochen z.B. vor Ferien­be­ginn wirken dage­gen nicht entsprechend erhol­sam, weil sie zwar kurz, aber oft umso anstren­gen­der sind. (Über­haupt sagt ja die reine Stun­den­zahl wenig über die emo­tionale Belas­tung aus, die für den Ein­druck über das Ver­hält­nis von Beruf und Freizeit entschei­dend sein kann.)

Inter­es­san­ter aber ist für mich die Auf­schlüs­selung mein­er Arbeits­bere­iche: Dass die Bürotätigkeit am Vor- und Nach­mit­tag mit 396 Stun­den ver­hält­nis­mäßig knapp unter mein­er Unter­richt­szeit (607 Stun­den) liegt, hat­te ich so extrem eben­falls nicht erwartet. (Für das Amt der didak­tis­chen Leitung an Ober­schulen gibt es 5 Entlastungsstunden.)

Dass ich mit ins­ge­samt 292 Stun­den noch immer einen sehr hohen Stun­denan­teil in die Unter­richtsvor­bere­itung stecke, liegt zum einen an mein­er Exper­i­men­tier­lust, dig­i­tale Tools zu erproben, zum anderen aber auch an verän­derten For­men des Team-Teach­ings in mein­er Schule. Außer­dem schreibe ich ein Arbeits­blatt lieber noch ein­mal neu ab, als die ange­graute und schiefe Kopie der Kopie der Kopie auszuteilen, aber das wäre mal einen eige­nen Beitrag wert.

Ein schlecht­es Gewis­sen habe ich mein­er Fachkon­ferenz gegenüber. Die wöchentlich 0,25 soge­nan­nten Anrech­nungsstun­den, die ich für die Auf­gaben der Fachkon­feren­zleitung bekomme, habe ich nicht erfüllt. Bei rund 40 Unter­richtswochen hätte ich hier auf 10 Stun­den kom­men müssen. (Ander­er­seits spricht das auch für zunehmend aus­ge­bildete Rou­ti­nen, für die Erstel­lung eines neuen Arbeit­s­plans brauche ich keine lan­gen Stun­den mehr.)

Und ein biss­chen mehr Fort­bil­dung darf es dieses Jahr auch sein…

Alles in allem: Zuwenig gear­beit­et habe ich ins­ge­samt zwar nicht, an der Aufteilung lässt sich aber noch feilen.

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